Google und das Internet

Es gibt keine "App für den Geschäftserfolg": Willkommen bei Google.
(Foto: REUTERS)

Für René C.G. Arnold vom Kölner Institut der Deutschen Wirtschaft (IW Köln) liegen die Veränderungen auf der Hand: Das Internet ist nicht bloß nüchterner Fortschritt, sondern eine echte technische Revolution - in den Auswirkungen vielleicht nur noch vergleichbar mit der Erfindung der Dampfmaschine oder der Nutzung des elektrischen Stroms.

Im Auftrag von Google ist der Forscher vom IW Köln der Frage nachgegangen, wie junge Unternehmen aus der Praxis Google-Dienste wie Adword oder Adsense zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle einsetzen. Die Studie zur sogenannten "Generation Google" - also jene Neugründungen, die sich mit ihren Geschäftsideen größtenteils auf Google-Produkte stützen - ist Teil einergroßangelegten Studienreihe, mit der das Institut in Kooperation mit dem Branchenverband Bitkom die Bedeutung des Internet in der deutschen Wirtschaft vermessen.

Kein Zweifel: Das Web verändert den Alltag der Menschen hierzulande ebenso wie das deutsche Wirtschaftsleben. Angebote kommen per E-Mai, Kunden sammelt kaum jemand noch in Karteikarten. Neue Berufsbilder entstehen: App-Entwickler basteln Mini-Programme für Android oder Apple. Suchmaschinen-Optimierer beraten Kunden, wie sie sich besser im Netz platzieren können. Facebook-Berater spezialisiere sich auf Online-Werbung im derzeit wichtigsten sozialen Netzwerk. Ständig tun sich neue Geschäftsfelder auf: Eine wachsende Zahl an Gründern wagt den Schritt komplett ins Internet.

Nicht nur für Google stellt sich allerdings die Frage, wie viele Firmen das genau sind, und welche greifbaren Vorteile sich daraus ergeben. Ist die "Generation Google" tatsächlich erfolgreicher als andere Gründer? Die Neugierde von Google ist leicht nachvollziehbar: Schließlich ist der Internetkonzern selbst ein nicht unwesentlicher Teil der Entwicklung. Außerdem erzielt Google einen Großteil der eigenen Gewinne aus dem Vermarktung von Werbeanzeigen im Internet: Werbung ist das Kerngeschäft. Die Studie versucht aufzuzeigen, wie die jungen Unternehmer im Fahrwasser des Riesenkonzerns abschneiden - vor allem aber lässt sich aus ihr herauslesen, welche Rolle sich Google innerhalb der deutschen Wirtschaft wünscht.

Der US-Konzern befindet sich hierzulande in einer eigentümlichen Lage: Obwohl fast alle deutschen Internetnutzer schon einmal ein Google-Angebot genutzt haben dürften, ist das dahinter stehende Geschäftsmodell noch vergleichsweise unbekannt. Neben der allseits bekannten Suchmaschine und prominenten Diensten wie Streetviewoder Youtube bietet der Konzern eine Reihe von Produkten für Unternehmer an. Mit Programmen wie Adwords und Adsense lassen sich Online-Inserate punktgenau einblenden oder Geld bei der Vermietung von Werbeplätzen im Internet mitverdienen.

Und genau hier setzt das IW Köln mit seiner Studie an: Eine große Zahl junger Unternehmen hat es demnach geschafft, sich in den vergangenen Jahren mit Hilfe der verschiedenen Google-Dienste am Markt fest zu etablieren. Die Zahl der erfolgreichen google-basierten Neugründungen aus den vergangenen vier Jahren gibt das Institut mit 28.000 an - und das nur in Deutschland.

Im Schnitt scheitert jeder Zweite

Zum Vergleich: Nach den Zahlen des ZEW-Gründungspanels werden in Deutschland pro Jahr ungefähr 200.000 Unternehmen neu gegründet. Schätzungen zufolge gelingt es dabei allerdings nur einem Anteil von etwa 55 bis 60 Prozent der Gründer, die schwierigen Anfangsjahre heil und wirtschaftlich lebensfähig zu überstehen. Mindestens 40 Prozent aller Unternehmungen verschwinden demnach vor der Ertragsphase wieder von der Bildfläche. Der Anteil wirkt abschreckend, schließt aber alle schlecht durchdachten Geschäftsmodelle und vollkommen hoffnungslosen Versuche mit ein.  

"Das Internet ist eine Querschnittstechnologie, die alle Bereiche des täglichen Lebens und der Wirtschaft beeinflusst", beschreibt Arnold die Ausgangslage der Studie. Um den Stand der digitalen Wirtschaft in Deutschland zu erfassen, konnter er sich mit seinen Kollegen auf Angaben von insgesamt mehr als 13.000 deutschen Unternehmen stützen. Sie alle sind bei Google für Dienste wie Apps, Adsense oder Adwords als Geschäftspartner registriert.

Zur "Generation Google" zählen die Forscher dabei alle digitalen Unternehmer, deren Geschäftsmodell zu einem überwiegenden Teil auf den verschiedenen Google-Diensten aufbaut. Diese neu gegründeten Firmen hätten fast 100.000 Arbeitsplätze geschaffen, hebt IW-Analyst Arnold hervor. Den Gesamtumsatz der deutschen Digital-Branche im Google-Fahrwasser beziffert er für das Jahr 2010 auf rund 8,6 Mrd. Euro.

Bei der Nutzung des Internet für geschäftliche Aktivitäten seien Google-Kunden in der Vorreiterrolle, erklärt Arnold. Während der Zugang zum Netz in der gesamten deutschen Unternehmenslandschaft erst bei 18 Prozent einen zentraler Stellenwert einnehme, liege dieser Anteil bei Google-Kunden mit 48 Prozent erwartungsgemäß deutlich höher. Fast zwei Drittel der Google-Kunden verkauften ihre Produkte auch online. In der Gesamtwirtschaft liege dieser Anteil bei nicht viel mehr als etwa einem Viertel.

Erst wägen, dann wagen

"Je stärker die Geschäftsmodelle digitalisiert sind, desto eher geben die befragten Unternehmen an, mit Google-Marketing-Tools neue Märkte und Kunden zu erschließen", heißt es in den Ergebnissen der IW-Studie. 78 Prozent der intensiven Google-Nutzer gaben an, durch die Kanäle des Internetkonzerns neue Kunden gewonnen zu haben. Mehr als ein Drittel dieser Zielgruppe habe sogar "neue Märkte" mit Google erschließen können.

Beim Stichwort E-Commerce zeigen sich Vorteile für die kleineren Unternehmen: Unter den befragten Google-Partnern hätten Firmen mit bis zu neun Mitarbeitern im Schnitt 42 Prozent ihrer Umsätze online erwirtschaftet, während größere Unternehmen ab 50 Mitarbeiter lediglich auf einen Online-Umsatzanteil von 15 Prozent kämen.

Mit Blick auf den allgemeinenDigitalisierungstrend zieht Arnold Zahlen des Statistischen Bundesamtes heran: Danach kamen im vergangenen Jahr immer noch 18 Prozent aller Unternehmen in Deutschland ohne Internetanschluss aus. Bei weiteren 32 Prozent spielt das Netz nur eine "untergeordnete Rolle". Ein "wichtige Rolle" nehme das Internet bei ebenfalls einem knappen Drittel Prozent ein. Eine "zentrale Rolle" habe der Netzzugang bei 18 Prozent aller Unternehmen.

Ein Beispiel für einen aus der Sicht von Google typischen Unternehmenserfolg sitzt bei der Präsentation der Studie im neuen Berliner Google-Büro gleich mit am Tisch: Der Internet-Unternehmer David Khalil ist einer der vier Mitgründer von eDarling, einer Online-Partnervermittlung, die seit gut drei Jahren am Markt ist und sich neben Anbietern wie Parship oder Elitepartner einen festen Platz erobert hat. Eigenen Angaben zufolge betreut eDarlingmittlerweile rund zwölf Millionen Kunden und erwirtschaftet vor allem mit Hilfe der Marketinginstrumente von Google einen Umsatz von rund 50 Mio. Euro.

"Das Internet bietet gerade für kreative Köpfe völlig neue Möglichkeiten, auch mit wenig Kapital, dafür umso mehr Grips, ein Unternehmen zu gründen", kommentiert Google-Manager Stefan Tweraser die digitalen Erfolgsgeschichten. Im Fall von eDarling trifft das allerdings nicht ganz zu: Das Startkapital steuerten die Samwer-Brüder bei, die auch hinter Erfolgen wie Alando, Jamba und Zalando stehen.

Eine "App für den Geschäftserfolg" gebe es für die "Generation Google" zwar nicht, fasst IW-Forscher Arnold die Lage im digitalen Gründermarkt zusammen. Die versierte Nutzung des Internets verschaffe den jungen Unternehmen der "Generation Google" jedoch Vorteile gegenüber weniger online-freudigen Firmen. Das mache sie zu den "Treibern des Strukturwandels."


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