Umlaute und die Wirtschaft

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Wirtschaft
Wenn Ä, Ü und Ö um die Welt gehen
Produkte "made in Germany" werden weltweit verkauft. Doch so manche Firma kämpft beim Export mit einem Detail: zwei kleine Pünktchen im Namen. Sind Umlaute Fluch oder Segen für den internationalen Erfolg?

Alles Mögliche schickt die stolze Exportnation Deutschland in die weite Welt. Nur ihr Ä, Ö und Ü nicht so gerne. Dabei prägen Umlaute vom Reinigungstechniker (Kärcher) über Befestigungsspezialisten (Würth) oder Finanzplätze (Deutsche Börse) bis hin zur Spirituose (Jägermeister) die Realität vieler Firmen. Selbst das Bier ist davor nicht sicher, ob nun einfach wie bei König Pilsener und Tannenzäpfle oder doppelt wie bei Löwenbräu.

Ein Beispiel gibt Dürr, der Weltmarktführer für Autolackieranlagen aus dem schwäbischen Bietigheim-Bissingen. Dürr ist in der deutschen Wirtschaftsgeschichte ein bekannter Name, allein schon wegen Heinz Dürrs Managerfunktionen bei AEG und der Bahn.

Das ü stiftet also eine klare Identität - und sei daher auch überall auf der Welt Bestandteil des Markenauftritts, sagt Dürr-Sprecher Mathias Christen. "Aber das Online-Zeitalter brachte auch eine andere Schreibweise." Im globalen Geschäftsverkehr werde aus Dürr der Einfachheit halber Durr. Auch der Internetauftritt lautet daher durr.com und nicht etwa duerr.com.

Dieses pragmatische Vorgehen erleichtert vieles. So berichtet etwa Alex Cruz, Dürr-Personalchef in Brasilien, dass Brasilianer - wenn sie den Firmennamen für ihre Ohren normal aussprechen - "Duhr" sagen, was international ja so gewollt ist. Versuchten Brasilianer aber das Ü zu imitieren, werde daraus eben nicht Dürr, sondern eher "Du-err".

Problematisch oder interessant?

"Wir wissen, dass Umlaute im Ausland meistens problematisch sind", sagt Sybille Kircher. Die Sprachwissenschaftlerin und Markenexpertin ist Mitbegründerin der Agentur Nomen International aus Düsseldorf - ein Spezialist für Namensgebung im globalen Kontext, der etwa die Namen der Volkswagen-Modelle Touran und Crafter entwickelte.

"Ich könnte mir aber auch vorstellen, dass es in manchen Bereichen im internationalen Umfeld funktioniert, sich mit Umlauten interessant zu machen", meint Kircher. Doch die Hürden seien relativ groß: "Es geht ja auch darum, dass Namen im Internet schnell gefunden werden sollen und dass sie sich am Telefon leicht aussprechen lassen."

Anders sei es, wenn Firmen- oder Produktnamen schon Jahrzehnte bestehen. "Das ist dann ja ein Lerneffekt, ein Wiedererkennungswert und Teil des Markenkerns. Da würde man dann sicherlich stutzen, wenn die Pünktchen auf einmal nicht mehr da sind", sagt Kircher.

Spätestens im Wachstumsland China kann es aber schwierig werden. Jägermeister ist dafür ein Beispiel. Für die Spirituose sind Umlaute irgendwie Programm: im Namen selber, im Heimatort Wolfenbüttel und sowieso: es ist ja Kräuterlikör. Doch im Reich der Mitte musste Neues her.

Heiliger Hirsch oder wilder Typ?

Die Beraterin hinter der chinesischen Variante von Jägermeister, Marianne Friese von der Agentur MF Consulting, berichtet, dass in Bars und Clubs zunächst mehrere Übersetzungen kursierten, viele in Anlehnung an das Flaschenetikett mit dem Hirschen.

Sie kreisten um "Sheng Lu" - was so viel wie heiliger Hirsch heißt. "Dies war nicht markentauglich, vor allem, weil das zu Pulver verarbeitete Hirschgeweih in China einer älteren Klientel als Potenzmittel dient."

Jägermeister-Sprecherin Astrid van Delden sagt: "Der Umlaut und seine Aussprache ist im Ausland natürlich ein Thema." Digital sei man als Jaegermeister unterwegs, aber viele Konsumenten möchten es kurz. "Die meisten Verwender nutzen sowohl in Wort und Schrift nicht den vollen Markennamen, sondern die Kurzform Jager, sprechen diesen aber korrekt aus", sagt van Delden.

China sei da eine Ausnahme. "Der chinesische Markenname von Jägermeister ist "Ye Ge" - wilder Typ." Friese erklärt, Ye Ge klinge ähnlich wie Jäger und passe mit der Bedeutung "wilder Typ" zum Umfeld der Marke. Bekannt sei dieses Prinzip von Coca-Cola, die in China zu "Ke Kou Ke Le" geworden sei - übersetzt "schmeckt gut und macht froh".

Aus Rück wird Re

In dem asiatischen Riesenreich - für Deutschland oft ein wichtiger Absatzmarkt - machen andere Schriftzeichen bei der Namensübertragung das Wirrwarr perfekt. Das weiß auch Dürr, dessen chinesischer Name wie Durr klinge - Dürr wäre für Chinesen eher fremd und unnatürlich.

Durr sei außerdem im Büroalltag leichter zu schreiben - denn ein Ü auf chinesischen Tastaturen zu erzeugen, ist nicht so einfach. Bei manchen Konzernen behebt die Internationalisierung kurzerhand alle Probleme. Dann wird aus dem Rückversicherungsriesen Münchener Rück halt Munich Re.

Selbst Manager sind den "umlauteren Wettbewerb" im globalen Umfeld bisweilen leid: Siemens-Chef Josef Käser hat seinen Namen in Joe Kaeser geändert - das kommt leichter über internationale Lippen.

Autor: Heiko Lossie (dpa)

Redaktion: Andreas Becker

Sigurd A.Röber

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