Einzelhandel 2017

Der E-Commerce könnte den stationären Handel bald zum Großteil in Aus drängen. Eine Beratungsfirma warnt: In zehn bis 15 Jahren sei jedes zweite Filialunternehmen vom Markt verschwunden.

E-Commerce: Düsteres Szenario für deutsche Einzelhändler

Die Pleite des Einzelhändlers Butlers könnte nur der Anfang eines Geschäftssterbens in riesigem Umfang sein. Der Onlinehandel, so warnen Branchenbeobachter schon länger, verändere das Kaufverhalten der Konsumenten und sorge etwa für einen deutlichen Rückgang der Umsätze von Geschäften in Innenstädten. Ein aktueller Bericht der Beratungsfirma Oliver Wyman, der der Zeitung Welt am Sonntag vorliegt, prophezeit jetzt gar „tektonische Verschiebungen". Demnach werden in zehn bis 15 Jahren 50 Prozent der Filialunternehmen vom Markt verschwunden sein. Die restlichen Unternehmen würden dem düsteren Szenario nach aufgekauft oder fusionierten.


Der E-Commerce bereitet dem stationären Handel zunehmend Kopfzerbrechen. (Foto: Shutterstock)
Die Prognose des Handelsverbands Deutschland (HDE) ist da etwas vorsichtiger – stützt aber den Trend. Der Lobbyverband hat drei Szenarien aufgestellt, im schlimmsten wird für die nächsten Jahre einen Verlust von 50.000 Geschäften vorhersagt. Die Folge: Schließen die ersten Geschäfte, bleiben noch mehr Kunden weg, es müssen weitere Geschäfte schließen, schließlich ist der Standort kaputt – ein Teufelskreis. Der HDE sagt dem deutschen Handel ein Plus von zwei Prozent auf 492 Milliarden Euro voraus, heißt es in der Welt am Sonntag. Wachstumstreiber ist dabei allerdings der Onlinehandel; der soll um elf Prozent auf 48,8 Milliarden Euro zulegen. Damit ist der Anteil des Onlinehandels seit 2007 von vier auf zehn Prozent gestiegen.

E-Commerce könnte auch dem Lebensmittelhandel das Wasser abgraben

Das ist aber erst der Anfang, glaubt man dem Wyman-Bericht. Schließlich könnte es als nächstem Segment dem bisher als kaum unerschütterlichen Lebensmittelhandel an den Kragen gehen. Als Gefahr sieht die Beratungsfirma hier vor allem den Amazon-Dienst Fresh, der bald auch in Deutschland großflächig starten könnte. Dann müssten die traditionellen Lebenshändler mit eigenen Angeboten dagegenhalten können. Die Berater empfehlen eine geschicktere Datenauswertung. In der Rewe-, Edeka- oder Kaufland-Filiale könnte Kunden, die sich gesund ernähren, etwa gleich eine entsprechende Versicherung oder Dienstleistungen angeboten werden.

In den USA greift Amazon zudem die Supermärkte auf deren ureigenem Terrain an – mit einer eigenen Supermarktkette. Die Amazon-Läden sollen sich aber deutlich von der Konkurrenz unterscheiden. Nach dem Motto: „Keine Schlangen, keine Kassen – einfach einpacken und gehen" sollen Kunden in den Amazon-Go-Geschäften ohne zu bezahlen einkaufen. Die Produkte werden einfach aus den Regalen genommen und in den Warenkorb gelegt. Das Geld wird anschließend vom Amazon-Konto des Kunden eingezogen. Der erste Amazon-Go-Supermarkt soll in diesem Jahr in Seattle eröffnet werden. Wird das Konzept zum Erfolg, dürften weitere folgen. Die Kunden jedenfalls würden es sich wünschen.


Sigurd A.Röber
Www.markint.de

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