What about Joint Venture between Germany and China ?


Sigurd Röber im Gespräch mit Andreas Wöll



v.l.    Robert Lorenz      Linuo Europe
v.r.    Bevan Zhang,      VP Linuo Group
h.l.    Andreas Wöll
h.r.    Gao Yuankun,     President, founder and owner Linuo Group


Fragen die gestellt werden müssen  !
Was bleibt übrig von einem Joint Venture zwischen China und Deutschland. ?

Linuo: Abstieg oder Metamorphose?
Was ist los beim ehemaligen Joint-Venture-Primus der Solarthermiebranche?
Linuo war einer der ersten der die exzellenten Vorteile erkannte die deutsch-chinesische Joint Ventures bieten. 

Wie sieht es aber jetzt nach der Auflösung des Sino-German Joint Ventures Shandong Linuo Paradigma / Ritter bei dem verbliebenen chinesischen Unternehmen aus?

Es war schon eine Überraschung zu erfahren, dass das einstige Vorzeige-Joint Venture in der Solarbranche sich aufgelöst hat.
Wortlaut der offiziellen Verlautbarung:
„Linuo Paradigma wurde 2001 als deutsch-chinesisches Joint Venture aus einer strategischen Allianz zwischen dem deutschen Marktführer für Vakuum-Kollektoren und dem weltweit größten Hersteller von Vakuum-Röhren gegründet. Aufgrund der langjährigen, erfolgreichen Zusammenarbeit mit der Ritter Gruppe (Ritter Energie- und Umwelttechnik - vormals: Paradigma Energie- und Umwelttechnik) hat die Linuo Group das Joint Venture in 2016 im Rahmen eines geplanten Börsengangs vollständig übernommen.“

Was führte zu dieser Entscheidung, denn die synergetischen Vorteile für die beteiligten Partner waren doch offensichtlich?
Der deutsche Partner erhält gewaltige Nachlässe im Zukauf der begehrten Vakuum-Röhren der eigenen Röhrenkollektoren, und verkauft im Gegenzug CPC-Spiegel an den chinesischen Partner, gibt zudem „Nachhilfeunterricht“ im Bereich Technik, Produktion und internationaler Vertrieb. Außerdem ermöglicht man dem chinesischen Partner die gemeinsame Nutzung bereits erfolgter Zertifizierungen von Produkten die in beiden Unternehmen produziert werden. 
Zudem steckt man Länder ab, die von Seiten des chinesischen Partners unberührt bleiben sollten, da diese direkt von Deutschland aus betreut werden. Werden höhere Fertigungskontingente für den EU-Markt gebraucht, so lässt man diese in China fertigen und sorgt über eine Mischkalkulation für eine auskömmliche Gewinnsituation. 
Auf den asiatischen und anderen aus Europa freigegebenen Märkten, sorgt man durch die Anpassung an Qualitätsvorschriften nach Deutschen Standards und Normierungen für eine gleichbleibende Qualität. Ergänzt man das Ganze noch um ein Mess- und Testzentrum welches nach deutschem ITW Standard aufgebaut und entsprechend akkreditiert wird, so schafft man Voraussetzungen die ein chinesisches Unternehmen von der Vielzahl der in China vorhandenen Mitbewerber deutlich abgrenzt.


Doch was passiert, wenn der deutsche Joint-Venture Partner aussteigt? 
Was passiert, wenn man keine deutschen Experten mehr im Unternehmen hat? So geschehen als Paradigma bzw. Ritter sich aus dem gemeinsamen Joint-Venture zurückgezogen hatte.
Um diese Veränderungen einordnen zu können wurde der Ingenieur Andreas Wöll befragt, der sowohl ein internationaler Fachmann der Branche ist, als auch auf persönliche Führungs- und Kooperationserfahrung bei Linuo zurückgreifen kann.
„Ich kann die strategischen Überlegungen, angesichts der vielen Vorteile und der langjährigen sehr erfolgreichen Zusammenarbeit, auch nicht nachvollziehen, halte aber eine Reihe von Nachteilen für den Partner in China für evident“, so Andreas Wöll.
Das chinesische Unternehmen verliert sämtliche Zertifizierungen, die man sich bisher mit dem Deutschen Partner geteilt hatte. Man verliert den Faktor „Deutsch“, der es dem JV ermöglicht hatte auf dem heimischen Markt höhere Preise für seine Produkte zu erzielen im Vergleich zu den Mitbewerbern. Hat man in der Blütezeit des Joint-Ventures noch annähernd vergleichbare Verhältnisse in der Qualität und Technik der Produkte vorgefunden, so scheint es heute den Rückschritt zur „Standard-China-Produktion“ zu geben.
Ist das eine zielführende Strategie? Die Produkte wirken oft unausgegoren, ja fast schon so, als ob sie unkritisch von Mitbewerbern kopiert wurden. Sind diese Produkte qualitativ und technisch der „State of the Art“? Stellen sie sinnvolle Ergänzungen des Portfolios von Linuo dar? Auch Andreas Wöll hatte auf diese Fragen keine Antworten. Er verwies jedoch auf die damalig sehr fruchtbare Zusammenarbeit, den Know-How-Transfer und die gemeinsame Entwicklung der besten Produkte als Ziel. . 
„Linuo ist eine international bedeutende Firma die sehr viel Reputation zu verlieren hat, sollten ihre Analysen zutreffend sein“, kommentierte Herr Wöll unsere Fragen.
Bedenklich stimmen einige bereits eingetretene Veränderungen, die als negative Signale interpretierbar sind:
  1. Produktqualität: Jetzt werden Flachkollektoren hergestellt, die mit europäischen Hochleistungskollektoren wenig gemein haben. Die verwandte Isolierung erfüllt nicht einmal die Mindestanforderungen an die Brandschutzvorgaben! Diese Erkenntnis zeigt sich schon bei der einfachen Durchsicht der Produktbeschreibung.
  2. Portfolioverkleinerung: Die Vakuumröhrenproduktion wurde abgestoßen. Was man dabei übersieht ist, dass man „das wichtigste Zugpferd“ im Stall beseitigt. Zudem schafft man es nicht über Zukäufe vom Markt eine einigermaßen gleichbleibende Qualität zu gewährleisten. Von der Leistungsfähigkeit der Röhren ganz zu schweigen. Aktuell scheint es schwer zu glauben, dass die Voraussetzungen für das Solar Keymark-Zertifikat noch erfüllt werden könnten.
Zusätzlich stößt man in der Gruppe die PV-Modulproduktion ab! Kaum zu glauben, wenn man sich die Mitbewerber in Europa anschaut. 
Beispiel: das Unternehmen Hanwha-Q-Cells. Dieses Unternehmen beschäftigt in Europa einen großen Stab von Ingenieuren um die PV-Module technisch auf höchstem Niveau zu halten. Die Zellproduktion als solche wird anscheinend erhalten und wie Andreas Wöll durchblicken ließ, will man auf PERC umstellen, bei gleichzeitiger Erhöhung der Produktionskapazität von 300 MW auf 1 GW jährlich. Ziel ist es in zwei Jahren auf Zellwirkungsgrade von >22 % zu kommen. Ein hehres Ziel, wenn man sich vor Augen führt, dass die aktuelle Zelleffizienz bei ca. 18% liegt. 
Herr Wöll meinte, dass dieses Ziel sehr ambitioniert, aber mit fachlicher Unterstützung durchaus realistisch, sei.  
  1. Portfolioerweiterung: Weil es der Mitbewerber auch macht, baut man nun zusätzlich auch Wärmepumpen, E- und Gas-Heizer. Und mit allen Produkten will man auf den internationalen Markt, der Mitbewerber macht das ja auch. Das scheint etwas unreflektiert und wirkt so, als ob man einfach kopieren und nachmachen möchte – ohne eine eigene unverwechselbare „Duftmarke“ zu setzen und der eigenen Stärke (Qualität und USP) zu vertrauen.
  1. Qualitätssicherung: Linuo hat ein riesiges, voll ausgestattetes Test- und Prüfzentrum mit hochwertigen Gerätschaften. Doch was hilft das, wenn man in den jeweiligen Bereichen eine Stecknadel hätte fallen hören, weil außer dem Büro, keiner der Testbereiche durchgängig genutzt wird? Das Mess- und Testzentrum welches nach ITW-Standards aufgebaut wurde, ist mittlerweile umgezogen und scheint so gar nicht mehr den Vorgaben zu entsprechen, so unsere Quelle aus China nach Ansicht der Liegenschaften vor Ort.
Zusammenfassend lassen sich die Signale für einen Abstieg des Primus in diesen Fragen verdichten: 
Doch was hilft es, wenn die Verantwortliche des International-Departments der Linuo-group in Marokko oder anderswo in der Welt als Repräsentantin eines „Deutsch-Chinesischen Joint Venture“ vorstellig wird, welches es nicht mehr gibt und das zudem ohne marktfähige Produkte. 
Was hilft es, wenn man Versprechungen macht, die man nicht halten kann? Was hilft es, wenn man Produkte hat, die den Standards und Normen vieler Länder, insbesondere Europa, nicht einmal annähernd entsprechen?
Aber es gibt auch „zarte“ Hinweise nach dem Wunsch eine Transformationsstrategie zu entwickeln. 
Die Spitze der Holding scheint erkannt zu haben, dass hier ein Vorgang zur Änderung initiiert werden muss. Hierfür hat man den ehemaligen technischen Chef des damaligen Joint-Ventures, Andreas Wöll Prof.h.c. Dipl.-Ing.(FH), angesprochen um wieder „Deutsch“ in das Unternehmen zu holen. Bereits im November 2017 erfolgte bei einem persönlichen Besuch des Eigentümers der Linuo Holding die Anstellungszusage. Hr. Wöll war bereits 2002 bis 2005 als Senior Director Engineering und Vice General Manager für das JV- in Jinan tätig, kennt also die Unternehmen Linuo Paradigma und Linuo Power bereits. Er war, wie er in einem persönlichen Gespräch sagte, Ende November bis Anfang Dezember vor Ort in Jinan um sich ein Bild zur aktuellen Situation, in Vorbereitung zu seinem neuen Aufgabengebiet, machen zu können. „Ich war doch positiv überrascht, wie gewaltig sich das Industriegebiet der Linuo-group geändert hat. Hier steckt viel Potenzial für Veränderungen, hin zu einer international ernst zu nehmenden Marke auf dem Weg zur Weltspitze. Dazu muss jedoch noch viel Arbeit geleistet werden. Einiges ist wieder auf den technischen Stand von vor 15 Jahren zurückgefallen. Die technischen Möglichkeiten sind aber da, um dies zu ändern, um wieder, wie bereits 2003-2005, die technische Führung in Asien zu übernehmen und als reputierliches und qualitativ hochwertiges Unternehmen international wahrgenommen zu werden.“
Befindet sich Linuo im Prozess des Abstieges oder haben wir es mit einer Metamorphose zu größerer Wettbewerbsfähigkeit und internationaler Expansion zu tun? Auf diese Frage kann es noch keine abschließende Antwort geben.
An dieser Stelle bleibt es uns nur Linuo alles Gute zu wünschen um wieder zu besseren Zeiten zu gelangen. Wäre doch schade, wenn sich ein solches Unternehmen in die unendlich lange Reihe der Mitbewerber in China einreihen würde um dann nach und nach in die Versenkung der Namenlosen zu verschwinden. 

Sigurd A. Roeber                                                        im Gespräch mit  Andreas Wöll

Bundessieger Deutschland PV 2011

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