Computer im Abwärtsstrudel

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Wirtschaft
Tod des PC zwingt Konzerne zum Umdenken
Personalcomputer und Laptops sind out, die User greifen lieber zu Smartphones und Tablets, um Mails abzurufen und zu surfen. Das verhagelt manchem etablierten Riesen in der Computerbranche gehörig die Bilanz.

Seit Jahresbeginn erlebt der PC-Markt den tiefsten Einbruch seiner Geschichte. Viele Nutzer kauften lieber Tablet-Computer oder begnügen sich zum Surfen im Web und zum Abrufen ihrer E-Mails mit einem Smartphone. Die weltweite Auslieferung von Notebooks und Desktops ist im ersten Quartal um beinahe 14 Prozent auf 76,3 Millionen Geräte gefallen, ermittelten die Analysten von IDC. Einen tieferen Absturz habe es seit Beginn der Datenerhebungen im Jahr 1994 nicht gegeben, erklärten die Marktforscher.

Auch in Deutschland und in Westeuropa machen iPad & Co dem klassischen PC immer stärker zu schaffen: Hier sind die PC-Verkäufe dem Marktforscher Gartner zufolge im ersten Quartal so stark eingebrochen wie noch nie. Der Absatz im Inland sackte im Jahresvergleich um rund 20 Prozent auf 2,6 Millionen Rechner ab. Der einstige Marktführer Acer verzeichnete sogar ein Minus von knapp 50 Prozent.

Suche nach Antworten

Die Folge: Branchenriesen wie Intel, Microsoft, HP oder Dell, die früher als Goldgruben galten, kämpfen mit jetzt rückläufigen Zahlen und suchen mit unterschiedlichen Strategien nach einer Antwort auf die neuen Trends. So versucht der Software-Riese Microsoft mit seinem Betriebssystem Windows 8, das auch Befehle von einem berührungsempfindlichen Bildschirm verarbeiten kann, den Spagat zwischen PC-Besitzern und Tablet-Fans - und stellt keinen so richtig zufrieden.

Das erst im Oktober auf den Markt gebrachte eigene Tablet-Modell Surface liegt wie Blei in den Regalen. Um Käufer anzulocken, senkte der Konzern Anfang der Woche den Preis für das Gerät drastisch. Das bedeutet aber gleichzeitig eine enorme Wertminderung. Die Softwareschmiede aus Redmond schrieb mit 900 Millionen Dollar eine überraschend große Summe für unverkaufte Surface-Geräte ab.

Auch Intel leidet

Die sinkenden PC-Verkäufe machen auch dem weltgrößten Chiphersteller Intel zu schaffen. Nach einem trüben ersten Halbjahr musste der Konzern seine Aussichten für das Gesamtjahr zurückschrauben. Das große Geschäft macht längt der US-Konkurrent Qualcomm, der führend ist mit Rechenkernen für mobile Geräte. Intel hingegen, das einst erfolgsverwöhnte Unternehmen, erwartet jetzt nur noch einen stagnierenden Umsatz statt eines kleinen Zuwachses.

 

Der frisch angetretene Konzernchef Brian Krzanich will deshalb alles auf die schnelle Entwicklung von Chips für den mobilen Einsatz setzen. Im zweiten Quartal schrumpfte der Umsatz im Jahresvergleich um fünf Prozent auf 12,8 Milliarden Dollar,der Gewinn fiel sogar um 29 Prozent auf 2,0 Milliarden Dollar. Während sich das Geschäft mit Chips für Server und Großrechner unverändert hielt, sackte der Umsatz mit Chips für PCs um 7,5 Prozent auf 8,1 Milliarden Dollar ab.

Radikaler Umbau

Derweil geht die Suche nach Antworten auf den neuen Trend weiter. Michael Dell, Gründer des gleichnamigen Computerkonzerns, will zusammen mit einem Finanzinvestor eigene Aktien zurückkaufen, die Gesellschaft von der Börse nehmen und den Konzern angesichts der rückläufigen PC-Verkäufe radikal umbauen. Doch noch ist fraglich, ob die Dell-Aktionäre diesen Schritt mit vollziehen werden.

Auch HP, das seinen Platz als weltgrößter Computerhersteller gerade eben an Lenovo aus China verloren hat, bekommt den Umbruch in der Branche mit voller Wucht zu spüren. Im zweiten Geschäftsquartal von Februar bis April schmolz die Zahl der abgesetzten PC's um 18 Prozent und die der Notebooks sogar um 24 Prozent. Das Geschäft mit Privatkunden brach regelrecht ein, und selbst das als solide geltende Software- und Servicegeschäft mit Firmenkunden war rückläufig.

Auch dem Chiphersteller AMD haben die rückläufigen PC-Verkäufe die Bilanz verhagelt: Im zweiten Quartal sank der Umsatz um rund 18 Prozent, statt eines Gewiinns von 37 Millionen Dollar im gleichen Vorjahreszeitraum steht nun ein Verlust von 74 Millionen Dollar zu Buche. Unter dem Druck sinkender PC-Verkäufe will der Chiphersteller künftig in neuen Geschäftsfeldern punkten. Mit einer Expansion in Bereiche wie Spielekonsolen und Grafikkarten werde der Umsatz im dritten Quartal im Vergleich zum Vorquartal um 22 Prozent steigen, kündigte AMD an - ganz entgegen dem Trend.

 

Autor: Rolf Wenkel mit rtr, dpa, afp

Redaktion: Henrik Böhm

Sigurd A.Röber

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