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Wirtschaft
Streikwelle in Südafrika vertreibt Investoren
Arbeitskämpfe in Südafrika verunsichern die Wirtschaft. Streiks und radikale Gewerkschaften belasten vor allem Autoindustrie und Bergbau. Der Autobauer BMW verzichtet vorerst auf neue Investitionen.

Traditionell hält sich die deutsche Automobilbranche in Südafrika aus den politischen Wirren der jungen Demokratie sehr zurück. Zumindest einem der drei deutschen Autobauer aber ist nun der Kragen geplatzt: Nach siebenwöchigen Streiks und massiven Produktionsausfällen (13.000 Fahrzeuge) wurden geplante Investitionen für den Ausbau der BMW-Werke in Rosslyn gestoppt. "Wirtschaftliche und politische Erpressung", wetterte der Generalsekretär der Metallgewerkschaft Numsa, Karl Cloete.

Südafrikas BMW-Sprecher Guy Kilfoil begründete die Entscheidung zwar diplomatisch mit "Unsicherheiten in der Produktion". Aber Gewerkschaften und Politikern ist klar, dass sich ein wichtiger Auslandsinvestor gegen die Schaffung neuer Arbeitsplätze entschieden hat. Finanzminister Pravin Gordhan sagte, er werde versuchen, BMW umzustimmen; allerdings machte ihm der Autobauer wenig Hoffnung. Angesichts hoher Arbeitslosigkeit - offiziell 25 Prozent - sind Entscheidungen wie die von BMW für das einzige Schwellenland Afrikas besonders bitter. Auch der japanische Autokonzern Nissan hat sich südafrikanischen Medien zufolge bei der Suche nach einem afrikanischen Standort gegen Südafrika und für Nigeria entschieden.

Streikerfolge als Pyrrhussiege?

Vor allem die massive Zunahme von Streiks in den vergangenen beiden Jahren verunsichert Investoren. Südafrikas Gewerkschaften haben 2013 zum Teil deutliche Lohnzuwächse erstritten, bei der Autoindustrie etwa zehn Prozent, für die Minen 20 Prozent und mehr. Allerdings könnte sich das als Pyrrhussieg erweisen. Denn die größte Volkswirtschaft Afrikas verliert im Wettbewerb der Schwellenländer den Standortvorteil günstiger Arbeitskosten. "Dies ist ein Krieg gegen die Armen, nicht gegen die Armut", kommentierte die Zeitung "Business Day" die Streikerfolge.

Ohnehin hinkt Südafrika seit Jahren beim Wachstum Ländern wie Indien, Brasilien oder China hinterher. Trotz der besten Infrastruktur und größten Industrieproduktion auf dem Kontinent, trotz eines effizienten Bankensystems und enormer Rohstoffvorkommen, trotz funktionierender Demokratie und relativ guter Rechtssicherheit geht es in Südafrika nur mühsam voran. Gordhan wäre froh, wenn 2013 das Wachstumsziel von zwei Prozent erreicht würde - angepeilt waren 2,7 Prozent. Viele andere afrikanische Staaten haben seit Jahren Wachstumsraten von fünf und mehr Prozent.

Die monatelangen und teils blutigen Arbeitskämpfe in den Gold- und Platinminen sowie anderen Branchen sind nicht ohne Folgen geblieben. Bei den wichtigen Exportgütern Gold und Platin gab es massive Produktionseinbrüche. Südafrikas Währung Rand verlor gegenüber Euro und Dollar seit 2012 etwa 20 Prozent. Trotz der damit verbundenen Exportvorteile hat das Aushandelsdefizit weiter zugenommen.

IWF und Weltbank warnen

Nun warnen auch Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF). Zwar habe Südafrika seit Ende des rassistischen Apartheidregimes 1994 ökonomisch eindrucksvolle Schritte gemacht, so der jüngste IWF-Report. "Aber in den letzten Jahren haben langsames Wachstum die hohe Arbeitslosigkeit die soziale Ungleichheit noch verschärft." Hausgemachte Ursachen seien Unsicherheiten über den Regierungskurs, Streiks, Energiemangel und Bildungsdefizite. Der IWF fordert Reformen sowie eine Flexibilisierung des Arbeitsmarkts. Der Gewerkschaftsverband Cosatu kritisierte heftig die "fanatisch pro-kapitalistische und neoliberale Organisation" und fordert noch mehr Eingriffe in die Wirtschaft und Verstaatlichung von Industrien.

Warnzeichen sieht auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer für das südliche Afrika: Jüngste Umfragen bei europäischen Firmen in Südafrika zeigen ein teilweise stark wachsendes Misstrauen vieler Unternehmen, vor allem wenn es um die Berechenbarkeit der Politik und Gewerkschaften sowie Arbeitsproduktivität geht.

Zuma in der Zwickmühle

Präsident Jacob Zuma und seine Partei ANC sind in einer Zwickmühle: Zum einen gab es eine klare Absage gegen populistische Wünsche linker Kräfte, die Minenindustrie und andere Branchen zu verstaatlichen. Zuma weiß, dass dann ein Ende der Auslandsinvestitionen und wirtschaftlicher Niedergang drohen würde. Auf der anderen Seite wächst angesichts massiver sozialer Probleme in Südafrika der Druck, eine Antwort auf die Massenarmut zu finden. Zuma wirbt derzeit für eine Ausweitung des umstrittenen BEE-Programms, das vor allem Schwarzen mehr Anteile an der weiß dominierten Wirtschaft bringen soll. Das aber bedeutet noch mehr staatliche Reglementierungen für die Unternehmen. ANC-Chef Zuma fürchtet sichtlich wirtschaftliche Turbulenzen weniger als die mächtigen Gewerkschaften und Kommunisten - beide Teile des Regierungsbündnisses mit Zumas ANC. Und im April 2014 stehen in Südafrika Wahlen an.

Autor: Laszlo Trankovits (dpa)

Redaktion: Henrik Böhme



Sigurd A.Röber

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